Familienfreundliche Personalpolitik: Netzwerk FAMM präsentiert erste geprüfte Unternehmen
Die Entwicklung und Implementierung eines Qualitätssiegels, mit dem vor allem kleinere und mittlere Unternehmen ihre familienbewusste Personalpolitik zeigen können, ist ein zentraler Teil des Projektes „Netzwerk Familie – Arbeit – Mittelstand im Münsterland“ (FAMM). Nach Abschluss der Pilotphase 1 präsentiert das Netzwerk FAMM derzeit in einer sommerlichen PK-Reihe die ersten elf geprüften Unternehmen.
Den Beginn machte am 23. Juli 2010 der Kreis Coesfeld. Die Unternehmens „B+S Finnlandsauna" aus Dülmen und „Orchideen von Miquel" aus Billerbeck-Beerlage wurden von Landrat Konrad Püning und dem Ideengeber des Projektes, MdB Karl Schiewerling geehrt. Sie gehören zu den ersten, insgesamt elf Unternehmen aus dem ganzen Münsterland, an denen das Netzwerk FAMM seine aufwändigen Prüfkriterien getestet hat. Aus der Hand des Projektleiters Marcus Flachmeyer konnten sie nun ihre Prüfberichte entgegen nehmen.
Die Unternehmen mussten einen ganzen Katalog von Prüfkriterien erfüllen und eine Prozedere durchlaufen, dass auch eine Mitarbeiterbefragung und einen Vor-Ort-Termin einschließt. Dabei wurde deutlich, mit welchen Mitteln die Arbeitgeber Familie und Beruf vereinbar machen wollen: Bei B+S Finnlandsauna aus Dülmen werden Familien mit Kindern mit einem Betreuungskostenzuschuss unterstützt. Ändern sich die Lebensumstände der insgesamt 53 Mitarbeiter, können auch die Arbeitsverträge nach deren Wünschen geändert werden. Sogar kleine private Besorgungen werden, wo möglich, durch die Firma erledigt, um die Arbeitnehmer zu entlasten. Auch über die Möglichkeit, haushaltsnahe Dienstleistungen zur Entlastung der Mitarbeiter anzubieten, denkt man bei B+S nach. Bei „Orchideen von Miquel" wird die Familienfreundlichkeit im betrieblichen Alltag ebenso gelebt, denn das Unternehmerehepaar hat selbst zwei Kinder. „Ich sehe in meiner Rolle als Unternehmerin auch soziale Verantwortung", erklärte Maria Schlieker. Das spiegelt sich in einem sehr persönlichen Führungsstil, man sucht partnerschaftliche Lösungen für individuelle Probleme für jeden der 22 Arbeitnehmer. So wird den Arbeitszeitbedürfnissen der Teilzeitkräfte nach deren familiären Erfordernissen individuell Rechnung getragen. Kurzfristiger Urlaub ist möglich, und zu den Kosten der Kinderbetreuung gibt es auch einen Zuschuss.
Ganz wichtig aber sei, dass in beiden Unternehmen eine familienfreundliche Kultur herrscht, betonte Landrat Konrad Püning in seiner Laudatio: Denn ohne das „offene Ohr" für die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehe es nicht. „Im Münsterland gedeiht eine Kultur des Miteinanders. Das wollen wir mit diesem in ganz Deutschland einzigartigen Modellprojekt deutlich machen!", so der Bundestagsabgeordnete Karl Schiewerling. Und dass „Familienfreundlichkeit" ein immer wichtigerer Faktor für einen attraktiven Wirtschaftsstandort ist, darauf wies Dr. Jürgen Grüner, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Coesfeld hin. Er und sein Team machen sich vor Ort stark für das Projekt, informieren und beraten die Unternehmen im Kreis und helfen bei der Umsetzung familienfreundlicher Arbeitsstrukturen. Schon jetzt sei er in Kontakt mit weiteren Unternehmen, die sich für das „Qualitätssiegel familienfreundlicher Mittelstand" interessieren, erklärte der wfc-Geschäftsführer." B+S Finnlandsauna" und „Orchideen von Miquel" hätten den Anfang gemacht - aber sie seien die ersten in einer langen Reihe von familienfreundlichen Unternehmen im Kreis Coesfeld!
Die zweite Pressekonferenz fand am 26. Juli 2010 im Kreishaus Borken statt. Hier konnten der Personaldienstleister „Job find 4 You" aus Gronau, die Behindertenwohneinrichtung „Haus Früchting" und die Stadtverwaltung Vreden die Gratulation des Landrats Dr. Kai Zwicker entgegennehmen.
Dass der Kreis Borken eine familienfreundliche Region ist, müsse auch nach außen kommuniziert werden, so der Landrat in seiner Laudatio. Auch der Kreis müsse sich auf einen Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern einstellen. Und dass die vielen mittelständischen Unternehmen im Kreis zum Teil sehr innovative Methoden entwickelt haben, mit denen Job und Familie miteinander vereinbar gemacht werden, sei ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Das Zertifizierungsverfahren des Netzwerkes FAMM habe sich bei drei völlig unterschiedlichen Arbeitgebern bewährt, freute sich FAMM-Projektleiter Marcus Flachmeyer. Damit habe sich die sorgfältige Erarbeitung der Prüfkriterien bezahlt gemacht, die nicht nur auf kleine und mittlere Unternehmen im Münsterland anwendbar sind, sondern auch auf Kommunalverwaltungen in ihrer Funktion als Arbeitgeber. „Wir beschäftigen uns seit Jahren mit dem Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf", erklärte Maria Sönnekes, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Vreden. „Wir haben, was Personalmanagement und Arbeitszeitorganisation angeht, die gleichen Probleme wie Unternehmen in der freien Wirtschaft. Aber als kommunale Arbeitgeber haben wir auch eine Vorbildfunktion. Deshalb engagieren wir uns in einem stetigen Prozess für familienfreundliche Arbeitsplätze!" So hat die Stadtverwaltung in einem sogenannten Frauenförderplan festgeschrieben, dass Mitarbeiter während der Elternzeit Informations- und Fortbildungsangebote wahrnehmen können. Flexible Arbeitszeiten sollen Eltern individuell die Betreuung ihrer Kinder, aber auch die Pflege von Angehörigen ermöglichen.
Ähnliche Angebote macht die Personalmanagement Gesellschaft „Job find 4 You" ihrer Kernmannschaft. „Wir haben überwiegend weibliche Mitarbeiter", so der geschäftsführende Gesellschafter Hans-Joachim Wendland. „Wir halten es für wichtig, dass unsere Mitarbeiter zufrieden zur Arbeit gehen, in dem Wissen, dass für ihre Familien gesorgt ist!" Deshalb hat sich Job find 4 You mit anderen Unternehmen und der Berufs-Bildungsstätte BBS zusammen getan, um eine Ferienbetreuung für Mitarbeiterkinder zu organisieren. „Wir arbeiten ständig selbst an unserer familienfreundlichen Unternehmenskultur und beraten auch andere Unternehmen in diesem Sinne", erklärt Job find 4 You-Chef Thomas Buß. „Mit der Zertifizierung durch FAMM kann man in einem Leitbildprozess innerhalb eines Unternehmens ein gutes Stück vorankommen."
Schwierig, aber nicht unmöglich sei es in der Pflegebranche, familienfreundliche Arbeitsplätze anzubieten, versicherte Hermann-Josef Sönnekes, Heimleiter im Haus Früchting. So habe man private Termine der Mitarbeiter in die Dienstpläne eingebaut. Wenn ein Mitarbeiter in seiner Schicht einen Kinderarztbesuch eingeplant hat, springen eben Kollegen für ihn ein. „Das ist ein Geben und ein Nehmen, und man merkt, wie positiv sich das auf die Arbeitsmotivation auswirkt, so Sönnekes. „Nur wenn man im Pflegedienst selbst den Kopf frei hat, kann man sich hundertprozentig auf seine Schützlinge einlassen!"
Dass Familienfreundlichkeit ein Standortfaktor und angesichts des demografischen Wandels eine an Wichtigkeit zunehmende Herausforderung ist, betonte Herr Dr. Kleinschneider, Geschäftsführer der WFG im Kreis Borken und Vorsitzender des Netzwerks Westmünsterland. Dazu bedürfe es der engen Zusammenarbeit unterschiedlicher wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Akteure, so wie dies im Netzwerk Westmünsterland der Fall sein.
Die beiden nächsten Pressekonferenzen sind am 12. August 2010 im Kreis Warendorf und am 31. August 2010 im Kreis Steinfurt geplant.